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NEWS-Blog

Forgotten Majority

Informell Beschäftige im Tourismus übermäßig hart von der Pandemie betroffen

Verantwortungsbewusstsein der Unternehmen oft zu wenig ausgeprägt

10. März 2022

Die Corona-Krise hat die gesamte Tourismusindustrie getroffen, doch am stärksten die informellen Arbeiter:innen. Vom Taxifahrer über den freien Tourguide bis hin zum kulturellen Performer sind sie weltweit ein wichtiger Faktor des Tourismus und machen einen Großteil in der Branche aus. Die Pandemie wirft ein Schlaglicht auf die prekäre Situation der Menschen. Bei einer Podiumsdiskussion sprachen Expertinnen über Lösungsideen, um die Achtung der Menschenrechte informell Beschäftigter zu stärken.

„Der informelle Sektor ist ein wichtiger Einkommenszweig in vielen Ländern – ohne anständige Arbeitsbedingungen oder gesicherte Entlohnung“, erklärte Katharina Stechl vom Roundtable Human Rights in Tourism. Das Problem sei nicht neu, habe sich aber seit Pandemiebeginn sehr verschärft. Tourguides aus Brasilien und Bolivien berichteten von ihrer Situation und verschafften einen Einblick die Schicksale hinter den Zahlen. So seien sie gezwungen gewesen, sich in Lockdownzeiten andere Beschäftigungen zu suchen, bei denen sie angesichts der unsicheren Lage im Tourismus nun auch bleiben würden. Das heißt, es werden neue Arbeitssuchende ihre Plätze einnehmen, noch weniger ausgebildet und erfahren im Umgang mit Reisenden und touristischen Unternehmen.

Antje Monshausen von Brot für die Welt ergänzte, dass die Situation der informellen Arbeiter:innen sich zwar von Land zu Land unterscheide, aber eines überall gleich sei: In Krisenzeiten treffe es diese Menschen als erstes und am härtesten. Die Unternehmen kämen ihrer Verantwortung oft nicht genug nach, das Risiko und der Druck werde besonders in Krisenzeiten auf die Schwächsten verlagert. „Die Menschen brauchen Unterstützung und Schutz, sie dürfen nicht allein gelassen werden.“

Für Graeme Jackson, Travel Foundation, ist es ganz wichtig, ein Bewusstsein zu schärfen, dass zum Reisen sehr viel mehr als Flug und Hotel gehöre: „Der informelle Sektor ist der Schlüssel, die gesamte Branche zu stärken.“ Dazu müsse ein konstruktiver Dialog zwischen den Stakeholdern und Regierungen entstehen. Der informelle Sektor nicht abgeschafft, sondern das Verantwortungsgefühl der Unternehmen gesteigert werden. So könne eine Win-win-Situation entstehen, da sich auf die Art auch die Qualität des Reisens und die Erfahrungen der Reisenden verbessern könnten.

Dazu benötige es aber mehr als gute Wünsche, forderte Agnes Rodriguez, seit 16 Jahren Tourguide in Barcelona und Mitglied bei der spanischen Vereinigung AguiKAT (Association of Tour Guides in Catalonia / Gewinner des TO DO Awards Human Rights in Tourism 2022). „Wir brauchen Regeln und Gesetze, die die gesamte touristische Wertschöpfungskette erfassen.“