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Globale Transformation und die Folgen für unsere Branche

Digitalisierung, demografischer Wandel und Energiewende waren die wichtigsten Themen einer ITB Berlin Kongress-Session von Clemens Fuest

11. Mai 2023

Globale Transformationsprozesse stellen sämtliche Wirtschaftszweige vor große Herausforderungen. Auf dem ITB Berlin Kongress beschäftigte sich Prof. Dr. Clemens Fuest, Präsident des Münchner ifo Institut für Wirtschaftsforschung, mit den wichtigsten Erkenntnissen und Ableitungen für die Tourismusindustrie. Nach einer Einführung von Prof. Dr. Harald Pechlaner, Inhaber des Lehrstuhls Tourismus und Leiter des Zentrums für Entrepreneurship an der Katholischen Universität Eichstätt, führte Fuest zunächst aus, wie das Jahr 2021 für einen kräftigen Recovery-Schub gesorgt hatte, bevor 2022 für einen wirtschaftlichen Dämpfer durch den Beginn des Kriegs gegen die Ukraine bekam. Auch 2023 gestalte sich noch mit Hürden, die Ausblicke für 2024 würden sich jedoch weitgehend verbessern. Schwer habe es allenfalls weiterhin die Baubranche.

Mit Blick auf den wichtigen Markt Deutschland sei festzustellen, dass der Herbst 2022 einen Tiefpunkt beim Unternehmer-Klima darstellte, das sich aber bis heute schon deutlich aufgehellt habe. Eine wichtige Frage sei nun, ob Unternehmen die Preise weiter erhöhen. Immerhin, so Fuest, sollte die Inflation sich nun abflachen. Auch die Reisebranche präsentiere sich daher aktuell optimistisch.

Im Folgenden blickte Fuest auf die großen Themen der derzeitigen und künftigen Transformation. Neben dem demografischen Wandel seien dies vor allem die Dekarbonisierung sowie der Energiewandel. Europa hinke bei den Aspekten jedoch im Vergleich meist hinterher, wie sich am Beispiel der Energiewende zeige. Bei der Digitalisierung hätten insbesondere die USA die Nase vorn – mit Ausnahme von Dänemark würden europäische Länder meist im Mittelfeld liegen.

Die aktuelle Energiekrise sorge für ein echtes Hemmnis in punkto Energiewandel. Zudem gebe es spürbar weniger Handel mit China und es sei mehr Geld für Rüstung und Verteidigung nötig. Natürlich gebe es auf der anderen Seite auch Chancen, so etwa, dass mehr Tempo bei der Dekarbonisierung unternommen würde und Migration auch positive Effekte auf den Arbeitsmarkt habe, sofern Länder die Chance auch nutzen. Gerade im Tourismus würden Migranten einen wichtigen Faktor darstellen. Auch der demografische Wandel zeige große Chancen – die Baby-Boomer hätten nämlich vielfach mehr Geld, das es auszugeben gelte. Die Folgen der Automatisierung sieht Fuest als eher gering im Hinblick auf die Branche an, da sie ein Service-Business sei und Menschen vergleichsweise eher schwer zu ersetzen.

Insgesamt müsse die Branche nun sehen, wie sie zu einer stabileren Situation zurückkehren könne. Sie müsse sich aber auch auf Szenarien vorbereiten, falls dies nicht gelingt. Entsprechend bräuchten wir mehr Flexibilität und Resilienz etwa durchzunehmende Produktvielfalt für alle Budgets.

Beim wichtigen Thema Nachhaltigkeit betonte der ifo-Präsident, dass zwar viele Menschen gesteigertes Interesse an ihr zeigen würden, sie oftmals aber nicht bereit zu entsprechenden Opfern seien. Unternehmen würden vielfach Mantras wiederholen oder Greenwashing betreiben, oft aber nicht die wirklichen Probleme angehen. Das Thema schaffe enorm viel Bürokratie, aber häufig zu wenig konkrete Maßnahmen.

Eine Frage aus dem Publikum beschäftigte sich mit dem Thema Migration. Sie möge für uns arbeitsmarkttechnisch zwar gut sein, ziehe dem globalen Süden aber „Manpower“ ab. Dem stimmte Clemens Fuest in Teilen durchaus zu. Meist würden junge Fachkräfte und gut Ausgebildete arme Länder verlassen, da entstehe für andere das Gefühl, zurückgelassen zu werden. Deutschland halse sich generell zu viel auf, Länder stabilisieren zu wollen, so Fuest. Die Integration im eigenen Lande sei als Aufgabe schon groß genug.

Zuletzt ging es noch einmal um das Thema Inflation und eine mögliche Empfehlung, wie Unternehmen mit ihr umgehen sollten. Sollten sie Preise erhöhen? Sollte Tourismus damit womöglich zum Luxusgut werden? Klar sei – so Fuest – dass die Inflation nicht mehr so schnell verschwinde. Nach dem aktuellen Nachholbedarf beim Reisen komme sicher eine schwierigere Zeit. Den Babyboomern mit mehr verfügbarem Einkommen stünden künftig viele Menschen gegenüber, die ihre Ausgaben für Reisen auf die eine oder andere Art reduzieren müssen – auch wenn sich dies jetzt womöglich zeige.