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Die Jüngeren geben den Takt im chinesischen Reisemarkt vor
Chinas Outbound-Tourismus und die Bedeutung internationaler Großveranstaltungen
Solche Megastars hätte jeder gern zu Gast: Als Pop-Ikone Taylor Swift im vergangenen Jahr in Singapur auftrat, hinterließ die US-Sängerin auf sechs ausverkauften Konzerten nicht nur 300.000 begeisterte Fans, sondern sorgte auch für internationale Verstimmungen. Andere Länder in der Region zeigten sich wenig erfreut, dass der Stadtstaat offenbar einen Exklusiv-Vertrag mit der Künstlerin ausgehandelt hatte, der dafür sorgte, dass Swift nur in Singapur gastierte, während andere Ziele in Südostasien leer ausgingen. Die Kontroverse zeigt die enorme Bedeutung, die Großveranstaltungen für den Tourismus in der Region mittlerweile besitzen. Nach Schätzungen von Analysten sollen die sechs Konzerte dem Stadtstaat zusätzliche 370 Millionen US-Dollar Umsatz beschert haben. Asiatische Urlauber sind mehr denn je bereit für attraktive Events in andere Länder zu reisen, wobei hohe Flug- und Übernachtungskosten in Kauf genommen werden. Wichtigste Treiber des Trends sind Reisende aus der Volksrepublik China: So stiegen in Singapur im Vorfeld der Swift-Konzerte die Hotelbuchungsanfragen aus China um rund 400 Prozent.
Chinas Comeback auf dem internationalen Reisemarkt
Das Phänomen dokumentiert die wichtige Rolle, die Chinas Outbound-Tourismus für den internationalen Reisemarkt mittlerweile wieder einnimmt. Nach 87 Millionen Reisen 2023 erlebte der Markt im vergangenen Jahr mit rund 130 Millionen Auslandsreisenden ein beeindruckendes Comeback, das fast wieder dem Vor-Corona-Niveau entsprach. Marktbeobachter gehen davon aus, dass sich der Trend 2025 dynamisch fortsetzt und die Zahl auf bis zu 155 Millionen ansteigen könnte. Eine Abflachung der Entwicklung steht vorerst nicht zu erwarten. Bereits 2028, so Prognosen, könnte die Zahl der chinesischen Auslandsreisenden auf bis zu 200 Millionen Menschen wachsen.
Die jüngeren Generationen – die treibende Kraft des Reisemarkts
Chinas zu internationalen Konzerten jettende Swift-Fans stehen stellvertretend für einen mächtigen Trend, der die Reisebranche in den kommenden Jahren noch stark beschäftigen wird. Konsumgewohnheiten und Verbrauchertrends des Landes werden mittlerweile maßgeblich von der Generation der Millennials und der Generation Z geprägt. Auch beim Reisen entscheiden inzwischen die Jüngeren, was angesagt ist und was nicht. Die Zielgruppe der in den Achtziger und Neunziger Jahren Geborenen stellt inzwischen fast die Hälfte aller Auslandreisenden dar. Der Anteil der Generation Z am Reisemarkt hat sich in wenigen Jahren mehr als verdoppelt.
Veränderte Bedürfnisse und höhere Ansprüche der jungen Reisenden
Mit der in engmaschig betreuten Gruppen reisenden Generation ihrer Eltern haben diese Urlauber jedoch allenfalls noch die Familiennamen gemeinsam: Junge Chinesen und Chinesinnen, die 2025 auf Reisen gehen, sind hochgradig individualisiert, entscheiden spontan, buchen kurzfristig, lieben Events und orientieren sich an neuen Technologien. Der lange wirtschaftliche Aufschwung des Landes hat zu stetig wachsender Kaufkraft und deutlich höheren Ansprüchen an das Reisen geführt. So wollen immer mehr Menschen das chinesische Neujahrsfest gern im Ausland verbringen, ein Trend, von dem vor allem visafreie Städteziele wie Bangkok oder Kuala Lumpur profitieren. Auch das Interesse an exotischen Reisezielen ist deutlich gewachsen, wobei der Wunsch nach kulturell nachhaltigen Erlebnissen oft größer ist als das Kostenbewusstsein im Angesicht eigener Budgetrestriktionen.
Digitale Plattformen und Social Media als unverzichtbare Begleiter
Digitale Plattformen und Social Media-Dienste erweisen sich in diesem Umfeld längst als selbstverständliche Begleiter und Ratgeber. Der Anbietermarkt hat sich hochgradig ausdifferenziert und bietet virtuelle Rundumbetreuung: Plattformen wie Xiaohongshu oder Douyin offerieren umfangreiche Hilfe von der Visa-Beschaffung bis zu Echtzeit-Updates zu Wetterdaten und Events am Zielort. Nutzer-generierter Reise-Content und Influencer Marketing beleuchten selbst abseitige Nischendestinationen und Special-Interest-Angebote. Und natürlich ist auch die Künstliche Intelligenz für jüngere Zielgruppen inzwischen unverzichtbar: Reise-Apps integrieren KI-gestützte Lösungen wie DeepSeek, um personalisierte Routen und Echtzeit-Buchungsfunktionen anzubieten.
Chinesische Innovationen im Travel-Tech-Sektor
Spektakuläre chinesische Innovationen wie die KI-Software DeepSeek sowie die große Offenheit des Landes gegenüber technologischen Neuerungen könnten der weltweiten Reisebranche in Zukunft bei der Adaption neuer Technologien noch wichtige Impulse liefern. Beim chinesischen Travel-Tech-Unternehmen Atlas, das sich auf Dienstleistungen für Low-Cost-Airlines spezialisiert hat, arbeitet die KI-Software bereits im Rang personalisierter Mitarbeiter, die über eigene Vornamen verfügen. „Ich denke, dass die Geschwindigkeit der KI-Technologie alle Erwartungen übertreffen wird. Wir müssen das einfach akzeptieren und voranschreiten“, betont Atlas-Gründerin Mary Li. „Ausnahmslos jeder in der Reisebranche wird sich fragen müssen, wie er seinen eigenen Wert für die Verbraucher unter den Bedingungen einer KI-zentrierten Technologie neu definieren kann.“ Mit ihrer Rolle als Tech-Dienstleister für Low-Cost-Carrier sieht sich Li auf dem richtigen Weg: „Der weltweite Aufstieg der Billig-Airlines ist Ausdruck veränderter Verbraucherpräferenzen. Sie bieten Reisenden, die nach Flexibilität, Freiheit und Transparenz suchen, deutlich mehr Optionen. In Asien bedienen sie vor allem jüngere Reisende, die weniger für Flug und Hotel und mehr für Erlebnisse vor Ort ausgeben möchten.“
Neue Dynamik im Outbound-Markt: Spontane Reisen im Trend
Laut Umfragen von China Trading Desk zeigt das chinesische Outbound-Geschäft eine deutliche Verlagerung des Reiseverhaltens hin zu möglichst kurzfristigen Reisen. Rund 77 Prozent der Buchungen werden weniger als einen Monat im Voraus getätigt, 46 Prozent innerhalb von nur zwei Wochen. Der chinesische Online-Reiseanbieter Trip.com beobachtet einen ähnlichen Trend: Jede zweite Hotelbuchung auf Trip.com werde erst am Tag des Check-Ins durchgeführt, auch die Hälfte aller Buchungen für Inlandsflüge erfolge erst einen Tag vor Abflug, lässt das Unternehmen wissen. Derartige Präferenzen zwingen Airlines, Hotels und Veranstalter dazu, Preisstrukturen anzupassen, Last-Minute-Angebote zu überdenken und das mobile Buchungserlebnis zu optimieren. Verschiedene Unternehmen haben inzwischen hochflexible Buchungstools entwickelt, bei denen sich Hotel- und Ticketbuchungen mit nur wenigen Schritten kombinieren und auch wieder stornieren lassen.
ITB China 2025 setzt neue Akzente im chinesischen Reisemarkt
Neben dem Blick auf Chinas stark wachsenden Outbound-Markt und den vielfältigen Travel-Tech-Innovationen des Landes wirft die ITB China 2025, die eine starke Buchungslage und ein enormes Wachstum im Vergleich zum Vorjahr verzeichnet, vom 27. bis 29. Mai in Shanghai auch ein Schlaglicht auf den dynamischen Inbound-Tourismus des Landes. Auch hier war die Entwicklung 2024 ermutigend, obwohl die Zahl der fast 132 Millionen ausländischen Ankünfte noch hinter dem Niveau der Vor-Corona-Jahre zurückblieb. Chinas Tourismusverantwortliche unternehmen eine Vielzahl von Initiativen, um das Reisegeschäft zu beleben. Marketing-Aktivitäten in Quellmärkten wie Deutschland, wo sich das Land zuletzt auch als Winterziel präsentierte, gehören ebenso dazu wie umfangreiche Visa-Erleichterungen für eine Reihe von Ländern.
Weitere Informationen über die ITB China unter: www.itb-china.com.