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Prof. Dr. Dr. h.c. mult. Hans Joachim Schellnhuber zog am Donnerstag in seiner Keynote auf dem ITB Berlin Kongress wichtige Fazite.

Klimawandel bedroht viele Reiseziele

Um die Zivilisation zu retten, sollte auf langlebige Holzbauten gesetzt werden

09. März 2023

Den CO₂ -Ausstoß bis zum Jahr 2050 auf Null zu reduzieren, werde nicht ausreichen, um die menschliche Zivilisation zu erhalten. Solle die Erde bewohnbar bleiben, müsse CO₂ der Atmosphäre wieder entzogen werden. Dies könne gelingen, wenn möglichst viele Gebäude, darunter auch Hotels, Veranstaltungszentren und Flughäfen, künftig aus Holz gebaut werden. Dieses Fazit zog Prof. Dr. Dr. h.c. mult. Hans Joachim Schellnhuber am Donnerstag in seiner Keynote auf dem ITB Berlin Kongress. Der Klimaexperte und langjährige ehemalige Direktor des Potsdam-Instituts für Klimafolgenforschung (PIK) hob ein touristisches Angebot hervor, das bereits vorbildlich auf Holzbau setzt: das Hotel Jakarta in Amsterdam.

Die Grenzen des Planeten müssten ernst genommen werden, auch das machte Prof. Schellnhuber in seiner Keynote deutlich. Würden die Kipppunkte des Öko- und Klimasystems, die Schellnhuber als die vitalen Organe des Planeten bezeichnete, dauerhaft verändert, hätte dies gravierende Folgen bis hin zur Zerstörung der menschlichen Zivilisation. Eine besondere Bedeutung komme dabei dem antarktischen Eisschild zu, dessen Abschmelzen zu einem Anstieg des Meeresspiegels um etwa 80 Meter führen würde. „Die Hälfte Englands stünde dann unter Wasser, und die Krim wäre allenfalls noch eine Mini-Insel, um die niemand mehr Krieg führen würde", so Schellnhuber.

Die aktuellen Klimaveränderungen bedrohten vor allem die Länder des globalen Südens, aber auch bisher stabile Länder wie Neuseeland seien zunehmend von Naturkatastrophen wie Überschwemmungen betroffen, sagte Schellnhuber. „Die einzigen Länder, die von einer massiven Erderwärmung touristisch profitieren würden, wären Russland und Kanada“, führte Schellnhuber an. „Russland wäre das wichtigste Tourismusziel der Zukunft, das sind keine guten Aussichten", fügte er hinzu. Zu viel CO₂ in der Atmosphäre führe zudem zu einer Versauerung der Ozeane, deren Wasser immer kohlensäurehaltiger werde, was die Substanz der Riffe zerstöre.

Was den Beitrag des Tourismus zum Klimawandel betrifft, so gehen aktuelle Zahlen von einem Anteil von acht Prozent an den globalen Emissionen aus. Die UNWTO ruft dazu auf, diese Emissionen bis zum Jahr 2030 um 50 Prozent zu reduzieren, gleichzeitig prognostizieren Wirtschaftsforscher, dass der Sektor bis zum Jahr 2050 um 169 Prozent wachsen wird. Zwei Entwicklungen, die nur schwer miteinander in Einklang zu bringen sind. „Wir brauchen eine gewaltige Transformation im Tourismus" lautete Schellnhubers Fazit.

Der Klimaforscher warnte aber auch davor, mit dem Finger auf einzelne Branchen zu zeigen, denn letztlich seien alle für den CO₂-Ausstoß verantwortlich. Er appellierte daher an die Urlauber*innen und Reisenden, individuelle Verantwortung für die mit ihren Reisen verbundenen CO₂-Emissionen zu übernehmen. Zugleich sei zu bedenken, dass pro Erdbewohner und Jahr bis zum Jahr 2050 noch durchschnittlich drei Tonnen CO₂ emittiert werden dürften. Insgesamt war Schellnhubers Ausblick jedoch alles andere als pessimistisch: Wenn für jeden der künftig zehn Milliarden Erdbewohner fünfzig Bäume gepflanzt würden, was pro Person etwa 500 Dollar koste, könne man der Atmosphäre langfristig eine beträchtliche Menge CO₂ entziehen und dieses für hundert bis zweihundert Jahre in Holz binden. Wichtig sei allerdings, dass dieses Holz nicht verbrannt oder zu Papier verarbeitet, sondern langfristig als Bauholz genutzt werde.

Thomas Rietig