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NEWS-Blog

BESTIVAL_Futurist Max Thinius

Mit den eigenen Daten auf große Reise

Futurologe Max Thinius über die positive Macht der Digitalität auf das Reiseverhalten und die lebenswerte Stadt von morgen

6. September 2022

In seinem Vortrag „Die größte Zukunft aller Reisen“ zeichnete Zukunftsforscher Max Thinius ein aufregendes Bild davon, wie wir künftig unterwegs sein werden. Anlässlich des BESTIVALs in der Bundeshauptstadt hatte die ITB Berlin als Content-Partner der Veranstaltung den Beitrag kuratiert. Thinius erklärte, wie es Digitalität in Zukunft möglich machen dürfte, Technologie und Gesellschaft auf gewinnbringende Art miteinander zu verbinden.

Wer an die Zukunft des Reisens denke, dem kämen in erster Linie das Reisen online über Avatare oder, wenn in unserer realen Welt, dann über Hyperloops in den Sinn. Tatsächlich gehe es aber um den nächsten Schritt der Gesellschaft gleichsam eines Umbruchs, wie ihn einst auch die industrielle Revolution geleistet habe. Dieses Mal würde die Disruption dem Individuum jedoch deutlich mehr Vorteile bringen.

Die Welt, die wir industriell kennen, sei in erster Linie zentralisiert, künftig hätten wir es aber mit einer polyzentrischen Umgebung zu tun, so der Futurologe. Essenziell seien einzelne sehr autonome und kleinere Einheiten als bisher, die sich aber bei bei Bedarf kollaborativ und schnell miteinander vernetzen. Ab dem Jahr 2026 sei lt. EZB zudem ein digitaler Euro geplant, der neben dem reinen Geldwert auch einen Datenwert besitzt. Dies müsse uns aber keineswegs Angst machen, denn es können zum Beispiel mittelfristig lokale Wertschöpfung erkannt oder auch Nachhaltigkeit abgebildet werden.

Heute spielen noch Tech-Unternehmen wie Google, Facebook und Co. eine zentrale Rolle für die Umsetzung von Daten in Geschäftsmodelle. Dabei lassen sie außen vor, wer die Daten eigentlich erzeugt hat und wem sie gehören. Zukünftig würden Daten würden zunehmend wieder dem User gehören, der sie auch erzeugt. Er kann sie dann über seine eigene souveräne Cloud freigeben. Erste Umsetzungen in diese Richtungen gibt es bereits heute mit Google und der Deutschen Telekom für Unternehmen? Zukünftig ist davon auszugehen, dass auch private Personen immer mehr ihre eigenen Daten-Clouds besitzen. Der Nutzer sei dann klar im Vorteil. Er erhält künftig einen ganz eigenen Algorithmus seiner Interessen und Werte rein auf Basis seiner eigenen Daten. Diese persönlichen Daten würden dann mit den zahlreichen Daten im Internet abgeglichen, so etwa über Informationen aus Social Media, um uns das perfekte Erleben auch auf Reisen zu ermöglichen. Der Tourismus sei dabei nur eine Sphäre von vielen, die sich künftig grundlegend verändern dürften. Andere Bereiche seien etwa Gesundheit, Kultur, Essen oder sogar Spiritualität – insgesamt 17 Lebensbereiche gibt es, die sich neu sortieren

Seinen Vortrag nutzte Thinius auch, um auszuführen, wie sehr sich moderne Städte heute bereits an Bewohnern orientieren. Eine wichtige Rolle nehme dabei etwa seine Heimatstadt Kopenhagen ein, aber auch die Mega-Metropole Paris lobte er sichtlich. Sie habe in jüngster Vergangenheit bereits einen beträchtlichen Teil ihrer Autos verbannt und deutlich mehr grüne Oasen geschaffen. Sie sei zudem ganz klar auf dem Weg der vielzitierten 15 Minuten-Stadt, in der Bewohner alles Lebensnotwendige im Umkreis von 15 Minuten rund um ihren Wohnort finden.

Bis Paris müsse man allerdings nicht einmal schauen. Auch die hessische Stadt Kassel gehe bereits überaus innovative Wege und habe aus dem Innenstadt-Sterben quasi eine Tugend gemacht, indem sie den Einzelhandel raus aus dem Zentrum und mehr in die Wohnviertel verlagert.

Für die Reisebranche zeichnet Thinius ein visionäres Bild. Für sie gehe es künftig nicht mehr darum, das beste Angebot zu schneidern. Vielmehr würde jedes Individuum zu einem Besitzer seiner eigenen Werte und Interessen, die praktisch jedes Unternehmen mit passenden Ideen füllen könne. Dies könne eine bevorzugte Sport- und Fashion-Marke wie Adidas ebenso wie etwa die Beauty-Brand Douglas sein.

Die Daten gebe der User stets selbst frei, ohne dass berüchtigte „Datenkraken“ diese für sich nutzen können. Vielmehr kämen sie ihnen selbst zugute. Weit weg sei dies keinesfalls. Man spreche hier nicht von Jahrzehnten, sondern nur von wenigen Jahren, um diese Vision zur technischen Wirklichkeit werden zu lassen.