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Krisen als Chance begreifen Prof. Clemens Fuest mit einem Appell für mehr Flexibilität und Widerstandsfähigkeit

Krisen als Chance begreifen

Prof. Clemens Fuest mit einem Appell für mehr Flexibilität und Widerstandsfähigkeit

07. März 2023

Weltweit stehen große Veränderungen an – Transformationen in den Bereichen Klimakrise und Nachhaltigkeit, Digitalisierung, demografischer Wandel und Migration sind längst im Gange. Dazu kommen historische Turbulenzen durch Pandemie, Krieg und Erdbeben. Die Tourismusbranche solle diese besonderen Herausforderungen als Chance sehen, bekräftigte Prof. Clemens Fuest vom ifo-Institut auf der ITB Berlin 2023: „Wir müssen alle flexibler und resilienter werden – das muss sich auch in den Produkten widerspiegeln.“

„Dabei müssen wir uns fragen, wie wir die nötigen Transformationen bislang gemanagt haben“, legte Clemens Fuest den Finger in die Wunde. Und kam zu dem Schluss: In vielen Bereichen leider wenig überzeugend. Darüber hinaus hätten die aktuellen Krisen dazu geführt, dass jedes Unternehmen um sein Überleben kämpfte – langfristige Strategien seien mitunter aus dem Blickfeld geraten. Deutschland als größte Wirtschaftskraft in der Eurozone liege beispielsweise in der Digitalisierung weder weltweit noch auf europäischer Ebene auf den vorderen Plätzen, bemängelte Fuest: „Da haben wir keinen großartigen Job gemacht.“

Nun müsse man aus der Krise lernen. Es könnten jederzeit neue Pandemien und neue internationale Konflikte auftreten, die die verwundbare Tourismusindustrie hart zu treffen vermögen. Ihr Portfolio sollten Unternehmen entsprechend dahingehend anpassen, um im Krisenfall flexibel reagieren zu können. Außerdem seien auch finanzielle Resilienzen unabdingbar, um in Turbulenzen nicht außer Gefecht zu geraten. „Eine bestmögliche Vorbereitung auf Krisen kann dafür sorgen, schnellstmöglich zurückzukommen, wenn sich die Bedingungen wieder ändern“, so Fuest.

Darüber hinaus brauche es Produkte, die weniger krisenanfällig seien. Fuest: „Mountainbike-Angebote im heimischen Mittelgebirge waren von Grenzschließungen weniger betroffen als beispielsweise Pauschalreisen.“ Diese Dimensionen sollten die Unternehmen zukünftig vermehrt in ihren Portfolios berücksichtigen.

Das Thema Nachhaltigkeit liege den Kunden am Herzen – der Klimawandel werde vielerorts als größte globale Krise begriffen. Doch sehr oft finde sich mehr Greenwashing statt echten Handelns. „Häufig geben wir uns grüner als wir sind“, beklagte Fuest. Noch werde zu wenig auf das geschaut, was wirklich zählt und wirkt, dafür aber mit Siegeln und Verlautbarungen eher Augenwischerei betrieben.

Professor Harald Pechlaner vom Lehrstuhl für Tourismus der Katholischen Universität Eichstätt-Ingolstadt ergänzte: „Ohne Resilienz und Robustheit werden es die Unternehmen schwer haben.“ Man müsse den Spagat zwischen dem Blick zurück und der Vision nach vorne schaffen, ohne dem Irrglauben zu verfallen, alles könne werden wie zuvor. Ein Zurück werde es nicht geben. „Die Menschen werden zukünftig ärmer sein, die Preise werden nicht wieder auf bekanntes Niveau fallen“, so Fuest. Es brauche demzufolge neue Produkte für kleine Budgets. Parallel dazu müsse die Tourismusindustrie aber auch die Babyboomer im Blick haben: „Diese Generation will reisen – und sie hat Geld.“